Über uns

01.01.2019

90 Jahre im Dienst von Frauenanliegen

Beginn–Mai 1929

Die französische Chirurgin Dr. Suzanne Noelgründete im Jahr 1924 den ersten europäischen Soroptimistclub in Paris. Es folgten Clubgründungen in Den Haag, Amsterdam und Mailand bevor im Mai 1929 der erste Club Österreichs in Wien gegründet wurde. Wien Iist somit der fünftälteste Club in Europa.

Pionierinnen

Viele der damaligen Mitglieder waren international anerkannte Persönlichkeiten und Pionierinnenin ihrem Fachgebiet. Die Gründungspräsidentin war Dr. med. Wilhelmine Löwenstein-Brill, praktische Ärztin, Patin war Dr. Suzanne Noel aus dem Soroptimistclub in Paris Fondateur, die im Rahmenihrer internationalen Vortragstätigkeiten als plastische Chirurgin den Gedanken des Soroptimismus in Europa verbreitete. Mitglieder waren damals unter anderenDr.jur et phil Marianne Beth, die erste in Österreich promovierte Juristin und erste Rechtsanwältin sowie Gerichtsdolmetscherinfür Englisch, Univ.-Prof.Dr. Charlotte Bühler, eine Jugendpsychologin mit internationalem Ansehen, Alice Schalek, Kriegsberichterstatterin im ersten Weltkrieg und einesder ersten weiblichen Mitglieder des Schriftstellervereins Concordia, sowieLiliane Zimbler, renommierte Architektin.Unter den Künstlerinnen sind vor allem die international bekannten Tänzerinnen und Professorinnen der Staatsakademie Gertrude Bodenwieser und Grete Gross zu nennen. Auch die Chemikerin und Univ.-Doz. Dr. Mona Spiegel-Adolf war Soroptimistin.

Frauen in der NS-Zeit

NeunJahre nach der Gründung ändertesich die Situation für Frauen massiv. Das nationalsozialistische Frauenbild warkein Frauen-sondern ein Mutterbild:Die Welt der Frau ist der Familie, ihrem Mann undKindern und ihrem Heim gewidmet. Das bekundete der Führer am Parteitag der Ehre 1936. „Das Eindringen der Frau in die Welt des Mannes" war für die Nationalsozialisten „eine Fehlentwicklung, die im Interesse der Frau wieder rückgängig gemacht werden musste". Die Auflösung der parlamentarischen Demokratie und die Etablierung eines christlichen Ständestaates bedeutete das Berufsende für gewählte Politikerinnen. Die Schulbildung der Mädchen wurde auf traditionell „weibliche“ Ausbildungsgänge eingeengt und in erster Linie Haushaltungs-und Hauswirtschaftsschulen forciert. Im öffentlichen Dienst kam es zu einer Aufnahmesperre für Frauen. Lehrerinnen mussten im Falle einer Eheschließung ihren Beruf wieder aufgeben. Als im März 1938 Österreich zur Ostmark des nationalsozialistischen Deutschen Reiches wurde,durften Frauen keinerlei politische Funktionen mehr übernehmen. Mädchen brauchten, um ein Gymnasium besuchen zu können,eine ministerielle Genehmigung.Der Frauenanteil an Universitäten wurde mit zehn Prozent beschränkt. Die Realität sah allerdings so aus, dass sie infolge des Krieges–wenn „Not am Mann“ war–zurArbeit in Fabriken und Rüstungsbetrieben verpflichtet wurden.

Stürmische Zeiten für Soroptimistinnen im NS

VieleSoroptimistinnen kamen aus dem bürgerlichen Milieu und aus der „bürgerlichen Frauenbewegung“.Die Mitglieder des Clubs Wien Istammten überwiegend aus jüdischen Familien. Viele von ihnen sahensich aufgrund der politischen Entwicklung in ihrer Existenz bedrohtund entschieden sichzu emigrieren. Irgendwann war die Fortsetzung des Vereins aufgrund der fehlenden Mitgliedernicht mehr möglich. Das Schicksal des Clubs wurde endgültig durch den „Stillhaltekommisar für Organisationen und Verbände“besiegelt: Ein Beschlussder Gestapo an Dr. Haselbachersagt aus, dasseslt. der SoroptimistischenStatuten u.a. ein Ziel des Vereins ist, „schwesterliches Empfinden“ zu verbreiten.
„Und da die Mitglieder nur Frauen sind, darf sicher angenommen werden, dass es sich in diesem Falle um eine homosexuelle Angelegenheit handelt“. Wodurch die Auflösung des Clubs eingeleitet wurde. Das Vermögen des Clubs wurde eingezogen. Lt. Notiz der Polizeidirektion an Dr. Marianne Beth wird der Club telefonisch darüber informiert, die Bilanz ehestens dem Reichsamtsleiter Albert Hoffmann vorzulegen. Das Aktenschlussblatt ist mit September 1939 datiert.

Opferdes NS

Rund 80 % der Gründungsmitglieder wurden Opfer des Nationalsozialismus – sie sind entweder geflohen oder wurden vertrieben. Eine von ihnen, Rose Silberer, überlebte nicht. 1873 in Wien geboren, absolvierte sie eine Bildhauerausbildung in Wien, Rom, Paris und London und stellte bis 1915 ihre Werke aus. In den 1920er und 1930er Jahren war sie auch als Journalistin, Feuilletonistin und Literaturkritikerin in der „Neuen Freien Presse“ tätig. Als Schriftstellerin schrieb sie Gedichte, Dramen, Essays. Rose Silberer starb1942 im KZ Theresienstadt. Ihr Schicksal steht für die Opfer von Antisemitismus, Nationalismus, Rassismus und Diskriminierung.

Neubeginn

Im Oktober 1945 beantragte die promovierte Juristin und Rechtsanwältin Dr. Ilse Knapitsch-Jatschke die Reaktivierung des Clubs und meldete die Forderung auf Rückerstattung des Vereinsvermögens an. Die neuerliche Eintragung imVereinsregister erfolgte 1946 – das Vereinsvermögen wurde nie mehr rückerstattet. Die Zusammenkünfte konnten nur im amerikanischen oder englischen Sektor stattfinden. Als am 24.10.1945 die UNO gegründet wurde, war Soroptimist eine der ersten akkreditierten NGO‘s. 1947 musste jedes Vorstands-Mitglied eidesstattlich und schriftlich erklären, nicht Mitglied der NSDAP oder einer der Tochterorganisation gewesen zu sein, da speziell gegenüber berufstätigen und erfolgreichen Frauen ein diesbezüglicher Verdacht bestand. Erst nach1955 – mit der Unterzeichnung des Staatsvertrages – war wieder eine Ausweitung des Clublebens möglich. 1958 wurde unter der Patronanz von Wien I in Graz der 2. Club in Österreich gegründet.

Soziales Engagementdes Clubs Wien I

Der Club hat über die Jahre viele Sozialprojekte initiiert und unterstützt. Nachhaltigkeit und Förderung der Bildung ist  den  Mitgliedern  aber ein  besonderes  Anliegen.  Nachhaltigkeit  bedeutet  hier,  dass  Personen und  Personengruppen  über längere Zeit betreut  und  gefördert werden. So kann   der Erfolg der Unterstützung  beobachtet und die erforderlichen Maßnahmen optimal angepasst  werden.  Eine  gute Ausbildung schafft gerade auch für Frauen eine Basis, umauf eigenen Beinen stehen zu können und als gleichwertige Partnerinnen anerkannt zu werden. Ein Engagement der letzten Jahre lag im Kosovo. Hier unterstützte der Club ein Gymnasium „Jeta e RE“. DieLeitung der Schule obliegt einer Frau, was eine seltene Ausnahmeist. In dieser Schule wurde zwei begabten Mädchen ein Studium ermöglicht. Beide konnten inzwischen ihre Ausbildung als Ärztin und als Juristin erfolgreich beenden.

mehr...

06.11.2019

Die Anfänge des Soroptimismus im Spiegel der österreichischen Presse

Soroptimistinnen in Österreich - die Anfänge

Von den Anfängen des Soroptimismus in Österreich sind nur wenige Originaldokumente erhalten geblieben. Der Akt aus dem Vereinsregister mit der Abschrift des Briefverkehrs vom 31.5.1929 und den Aktenvermerken, ein Mitgliedsbuch aus 1936/37 und dann Dokumente von der Auflösung 1938. Verschiedene Artikel aus der Presse, die damals über unseren Club erschienen sind, zeichnen ein lebendiges Bild der damaligen Zeit. Die Österreichische Nationalbibliothek hat dies im Internet für alle zugänglich veröffentlicht.

Madame Noel aus Paris, eine Chirurgin, die den Soroptimist-Club in Paris gegründet hat, nutzt ihr Netzwerk aus Ärzten den Gedanken eines Frauenneztwerkes auch in andere Städte zu tragen. In Wien trifft sie auf die Ärztin Dr. Wilhelmine Löwenstein-Brill, die sich aktiv in Frauenvereinen engagiert. In einem Interview, das in dem Neuen Wiener Journal vom 5.2.1927 wiedergegeben ist, schildert sie, dass sie die Frauen von dem Wahn befreien will, dass der Begriff "Dame" unvereinbar mit ehrlicher Erwerbsarbeit sei. Damals verbargen viele Frauen noch die Tatsache, dass sie Geld verdienen, da es als etwas Beschämendes angesehen wurde. Um diese Einstellung zu wandeln, hat sie in Paris den Soroptimist Club gegründet und möchte nun in Wien auch so einen Verein ins Leben rufen, der ein Mittelpunkt der geistigen Arbeiterinnen, wie sie es nennt, sein soll. Da die Statuten damals eine Mindestzahl von 30 Damen bei der Gründung verlangten, dauerte es etwa zwei Jahre, bis in Wien diese Idee Wirklichkeit wird. Im Neuen Wiener Journal vom 3.9.1929 wird bereits die Ärztin Dr. Löwenstein-Brill als Präsidentin des Soroptimist Clubs genannt. Dem Artikel zufolge war damals die amerikanische Anwältin Lena Philips in Österreich, die die Präsidentin der National Federation of Business and Professional Womans Club in New York war. Sie möchte, so wird berichtet, diese Vereinigung auch nach Österreich ausbreiten. In dem vorbereitenden Komitee waren Damen, die auch als Vorstandsmitglieder des Soroptimistclubs der ersten Stunde genannt wurden: die Anwältin Prof.Dr. Marianne Beth, Alice Schalek, Grete von Urbanitzky und die damalige Präsidentin Dr. Wilhelmine Löwenstein-Brill.

Im Herbst 1929 hat das Clubleben des jungen Clubs bereits klare Formen angenommen. Wie in einem Artikel aus der Neuen Freien Presse vom 6.2.1930 zu erfahren ist, treffen sich die Mitglieder einmal im Monat zum Mittagessen un einmal zum Abendbrot in den Räumen des Clubs. Sie tragen Schildchen mit ihren Namen sichtbar am Kleid befestigt. Die Mitglieder dürfen auch Frauen mitbringen, die sich "arbeitende" nennen können. Das Neue Wiener Jorunal vom 16.10.1929 berichtet über die ersten Vorträge dieser Zusammenkünfte. Als erstes berichtete Alice Schalek über "Eine Frau reist durch die Welt". In diesem zeichnete sie ein Bild über die Situation von Geishas und Bajaderen. Für den folgenden Donnerstag war das zweite Treffen des jungen Clubs geplant, an dem ein Inder als Gast über indische Frauen berichten wollte, sowei das Mitglied Suzanne Mercié, eine damals durch das Radio allgemein bekannte Französin, die über "La Francaise dans la vie réelle et dans la littérature moderne" sprach. Es wurde zu jener Zeit üblich, dass es sowohl einen kurzen Vortrag eines Mirglieds als auch einen eines Gastes gab.

Ende 1929 gab es den ersten größeren Artikel über die Soroptimisten in der Wiener Sonn- und Montags-Zeitung. Am 16.12.2929 wurde unter dem Titel "Der Klub der Wiener Soroptimistinnen" aus jedem Berufszweig nur eine Vertreterin des Clubs, seine Besonderheiten und seine wichtigten Mitglieder vorgestellt. Wie bereits der Titel verrät, wurden darin neben einer in wesentlichen Breichen richtigen Schilderung über den Club, auch ein paar Unkorrektheiten verbreitet. Daher kam es am 6.1.1930 in derselben Zeitung zu einer Richtigstellung. Unter der Überschrift "Die Wiener "Soroptimistinnen", Klub der berufstätigen Frauen" gibt Dr. Hoffmann als Mitglied Informationen über den Hintergrund des Namens, das Vereinsleben und ihre prominten Mitglieder bekannt. Demzuzfolge kommt der Name einerseits daher, dass jeder Berufszweig möglichst durch ihre "beste" Vertreterin repräsentiert sein sollte und andererseits auf Grund von Ethnischen Werten. Dr. Noel, die anlässlich der Vereinsgründung in Wien war, betonte demzufolge, dass "beste Schwestern" einander in schweren Zeiten helfen, wirklcih international sind und der Arbeit und dem Beruf der Anderen Verständnis und Achtung entgegenbringen. Im Soroptimist-Club, so wird ausgeführt, waren damals alle prominenten Frauen der Welt vereinigt. Der Wiener Club hatte eine Unmenge an Anmeldungen, die nur zu einem kleinen Teil berücksichtigt werden konnten und damals nannte 15 damals wohl allgemein bekannte Vertreterinnen der Wiener Gesellschaft, die zu den Mitgliedern gehörten.

Das Vorstandsmitglied Alice Schalek brachte in der Neuen Freien Presse am 6.2.1930, wieder einen Artikel über den österreichischen Soroptimistclub. Sie zählt mit Dr. Wilhlemine Löwenstein-Brill, der ersten Präsidentin, Dr. Marianne Beth, der ersten Vizepräsidentin, Grete Urbanitzky, Rose Silberer, Ehrenhaft-Steindler und sich selbst die Zusammensetztung des ersten Vorstandes auf und nennt noche weitere Mitglieder, die sich bereits bei den Treffen präsentiert hatten.

Die Vorstellung der Soroptimistin Regierungsrat Ehrenhaft-Steindler über die Handelsakademie für Mädchen fand am 9.1.1931 in dem Neuen Wiener Tagblatt Widerhall. Am 24.2.1931 wurde in der gleichen Zeitung über ein Bankett berichtet, das von Mitgliedern des Soroptimistclubs gegeben wurde. Damals waren die Männer der Mitglieder sowei der Wiener Rotaryclub geladen. Fast alle Soroptimsitinnen trugen das Ihre zum Gelingen bei. So wurden humorvoll angekündigte Volkslieder und Chansons durch die damsls beliebten Sängerinnen Luise Karousch und Emmy Heim zum Besten gegeben und Gertrud Bodenwieser faszinierte mit ihre Tanzgruppe begleitet von Porf. Müller-Verniva. Am 26.2.1931 brachte das Neue Wiener Tagblatt noch eine charmante Schilderung des Treffens der Soroptimisten das als Gast erlebt wurde. "Unter den Damen wimmelte es auch von Titeln - nicht vom Manne her abgeltet und übertragen, sondern von titeln aus eigenem Recht und selbständig erworben. Ja, es schien mir ein gelinder Verstoß, auf eine Dame den Titel ihres Gatten zu übertragen. Ich zog mir eine kleine Rüge zu, als ich die elegante, schlanke Blonkinde, deren Modezeichnungen den Wiener Frauen wohlbekannt sind, nach dem Amtstitel ihres Gatten, eines sehr erfolgreichen Lustspieldichters, der früher Miniterialbeamter, jetzt in der Industrie hervorragend tätig ist, als Frau Hofrat ansprach. "Ich bin ich", diese Devise schien unsausgesprochen und in der Gesellschaft vorzuwalten. Und bei alledem keine Fachsimpelei, kein weltfremder Zelotismus des Berufes, das sind durchwegs Damen, die sich auf dem glatten Parkett mit voller Sicherheit bewegen, Damen von ungezwungener, man möchte fast sagen, wenn es nicht in deiesem Zusammenhang verpönt wäre, von weltmännischer Haltung."

Sozialaktivitäten des Clubs führen 1934 wieder zu entsprechendem Wiederhall. Am 8.3.1934 berichtet die Kleien Volkszeitung über den Frauennotdienst, bei dem sich unter anderem der Soroptimistclub aktiv einbringt. Alice Schalek, damalige Vizepräsidentin des Clubs hält lt. "Der Morgen" vom 14.5.1934 und "Die Stunde" vom 12.5.1934 einen Vortrag zugunsten einer Kinderhilfsaktion im Rahmen des Frauennotdienestes. Auch Dr. Melanie Stiaßny versuchte Geld für diese Aktion des Soroptimistclubs durch einen Vortag aufzubringen (Neues Wiener Journal, 29.5.1934 und 6.6.1934).

Auch durch gesellschaftliche Ereignisse wurde der Club 1934 genannt. Im Sommer gab Emmi von Medinger einen Empfang zu Ehren des Soroptimistclubs und der im Ausland lebenden und in Wien weilenden Mitglieder Prof. Dr. Mona Spiegel-Adolf (Universität Philadelphia) und Prof. Dr. Stella Kramrich (Universität Kalkutta) (Die Stunde, 4.7.1934). Anlässlich des 60. Geburtstags von der Weltreisenden Alice Schalek lud Marianne Spiro den Club ein.

Durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten 1938 kam das Clubleben zum Erliegen und der Club musste aufgelöst werden.


mehr...