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Ein Nachruf auf Marielies, Altgräfin Marie Elisabeth Salm-Reifferscheidt-Reitz

    Es sind jetzt fast zwei Jahre vergangen, dass uns Marielies verlassen hat. Aber es ist erst jetzt, in Retrospektive, dass wir diese Frau voll zu schätzen wissen und ihr Wirken in der Gesellschaft und für unseren Club richtig einordnen können. Ausschlaggebend war auch ein Besuch in Raitz, von dem noch gesondert zu berichten sein wird.

    Marilies Salm im Raitz (c) Georg Salm

    Die Fakten:

    Geboren in den Hochadel im mährischen Raitz wurde der Familie nach dem 2. Weltkrieg alles genommen. Der Vater starb 1946, zwei ältere Schwestern heirateten schon vorher nach Österreich. Zurück, in ökonomisch prekären Verhältnissen blieben die Mutter, die minderjährige Marlies und der 2 Jahre jüngere Bruder. Zwar hatte Marlies noch das Gymnasium mit Matura abschließen können, aber dann gab es nur untergeordnete Möglichkeiten des Broterwerbs um Mutter, Bruder und sich selbst zu versorgen. Sie wurde Lastwagen Fahrerin, für ihren  Bruder wurde später Arbeit im  Bergwerk bestimmt. Noch nicht 25-jährig heiratete sie. Die politische Situation 1957 war hoffnungslos und verschlechterte sich laufend und so plante das junge Ehepaar die Flucht in das westliche Ausland. Ein gebuchter Urlaub in Bulgarien bot die Gelegenheit gleich in Belgrad aus dem Zug zu steigen und sich auf abenteuerliche Weise ohne Pass und Gepäck nach Österreich durchzuschlagen.

    Fuß zu fassen war nicht leicht. Marielies wurde Versicherungsmaklerin. Zwei Söhne wurden bald geboren, den Ehemann zog es zu anderen Ufern. Aber das Leben vollzog sich in geordneten Bahnen, auch die Mutter konnte nachkommen.

    Es war 1990, als ein neuer Lebensabschnitt begann. Nach der samtenen Revolution in der ČSSR konnte Marielies wieder an ihren Geburtsort reisen – auch ihre tschechische Staatsbürgerschaft wurde wieder erteilt – , sie ging in Pension und begann sich sofort um die Restitution der Ehre ihres Vaters sowie des ehemaligen Familienbesitzes zu kümmern. So begann eine fast aussichtslose 30-jährige Bemühung, die sie bis zu ihrem Tod aufrecht hielt. Die Wertschätzung der Menschen hat sie erreicht. Die Anerkenntnis des Unrechts, das der Familie angetan wurde, ist noch unterwegs. Sie ist in Sloup (mährischer Karst) in der Familiengruft begraben.

    Was aber war die Rolle von Marielies im Club Wien I?

    Bedeutend wurde ihre Präsidentschaft 1998, 1999 aus folgendem Grund: Club Wien I stellte 1996-1998 die Unionspräsidentin (Gertrude Kress) und feierte das 40-jährige Jubiläum der Union in Wien tatkräftig mit. Für eine Clubfeier zum 70-sten Jahrestag (1999) der eigenen Gründung fehlte die Energie, das Konzept, ein beeindruckendes Projekt und auch die Mitgliederbasis bedurfte der Verjüngung. Es musste vor allem die finanzielle Frage geordnet und ein Budget aufgestellt werden, von Marielies mit Ruhe und Bedacht vorbereitet. Folgender Beschluss wurde gefasst, statt einer 70-Jahr Feier eine 75-Jahrfeier anzustreben und gründlich vorzubereiten. Und da kam das Netzwerk an Kontakten zum Tragen, von Marielies und auch anderen arrivierten Clubschwestern: Maria Schenk, Brigitte Ottel, Katharina Fritze). Neue Clubschwestern traten Wien I bei, die Restaurierung der ÖNB von Bertha von Suttners Buch „Die Waffen nieder“ wurde gesponsort, ein langjähriges Hilfsprojekt für den Kosovo wurde initiiert inklusive Besuch von 2 Kosovarinnen, Ansprechpartnerinnen im Projekt. Nicht zuletzt aber war auch die Abstammung von Marielies mütterlicherseits (Mensdorff-Pouilly) hilfreich, denn Maria Rauch-Kallat (Ministerposten, Ehrenämter, Auszeichnungen) sagte ihre Mitwirkung an den Feierlichkeiten zu. Der Festakt fand in der Nationalbibliothek statt und es wurde im Hotel Regina ein Galaabend zelebriert.